Dienstag, 18. September 2018

Zur Putin-Erdogan-Einigung

Beide Jungs gehören zwar nicht zu jedermanns engerem Freundeskreis ;-) , aber die Einigung auf eine demilitarisierte Zone in der nord-syrischen Provinz Idlib ist zu beglückwünschen.

Die Einigung erfolgte durch gegenseitiges Entgegenkommen, woran es bislang im Syrienkonflikt mit Ausnahme der Chemiewaffenvernichtung nahezu komplett fehlte, aber jetzt endlich mal zwecks Schlachtvermeidung passiert:

1. Die von Erdogan unterstützten Rebellen ziehen sich aus einem 15 bis 20 Kilometer breiten Gürtel ringsum Idlib zurück.

2. Der von Putin unterstützte Vormarsch syrischer Truppen auf Idlib wird gestoppt.

3. Türkische und russische Militärs überwachen gemeinsam die demilitarisierte Zone.

Putin und Erdogan werden nun zu zeigen haben, was ihre Worte wert sind. Und falls umgesetzt, dann allemal besser als das, was in den letzten zwei Wochen in Washington und auch Berlin an etwaigen "Vergeltungsschlägen" diskutiert wurde.

Gleichwohl möchte ich mal wieder nicht loben, ohne zu nörgeln, denn Erdogans Rebellenunterstützung ist völkerrechtswidrig. Man stelle sich bloß mal umgekehrt vor, Assad würde die PKK in der Türkei unterstützen.

Auch Putins Assadunterstützung ist völkerrechtswidrig, wenngleich umstritten sein mag, ob er Assad zur Hilfe kommen durfte, aber die Art des Beistandes ist buchstäblich "verheerend" für die syrischen Städte und somit unverhältnismäßig, also völkerrechtswidrig.

Der "Westen" ist ob solchen Urteils nicht fein raus, denn seine Unterstützung für die Rebellen, "Exilregierung" usw. ist Teil des Verbrechens, nicht Teil der Konfliktlösung, weshalb Kofi Annan im August 2012 als UNO-Sondervermittler das Handtuch warf.

Sonntag, 29. April 2018

Trauriger Jahrestag: Wikipedia in der Türkei weiterhin gesperrt

Seit dem 29.April 2017 wurde in der Türkei der Zugang nicht nur zur türkischen, sondern zu jeglicher Sprachversion der weltgrößten und kostenfreien Online-Enzyklopädie Wikipedia gesperrt, denn sie unterstütze den Terrorismus, sei "antitürkisch", weil über den Völkermord an den Armeniern und Erdogans IS-Kollaboration berichtend.

Unter Berufung auf die durch Artikel 26 der türkischen Verfassung garantierte Meinungs- und Pressefreiheit ist zwar eine Beschwerde vor dem türkischen Verfassungsgericht anhängig, aber es sind offenbar keine Richter mehr im Amt, denen an Verhandlung und Entscheidung gelegen wäre.

Die Chancen auf einen Erfolg der Verfassungsbeschwerde stehen ohnehin schlecht, denn die Sperre erfolgte wenige Tage nach dem Verfassungsreferendum, welches Erdogan unlimitierte Macht einräumte und ihn über die Gewaltenteilung hob, somit faktisch die rechtsstaatliche Gewaltenteilung abschaffte und nach eigenem Ermessen jede Kritik, jede Opposition des Terrorismus verdächtigen, verbieten und ins Gefängnis bringen kann.

Viele Türken erhoffen sich eine starke Türkei durch Erdogan als starken Mann.

Montag, 12. März 2018

Nach den Terroranschlägen auf Moscheen

Liebes türkisches Außenministerium, Danke für die Anteilnahme - und auch ich hoffe, dass die hiesigen Behörden die Straftaten aufklären und die Täter einer strengen Bestrafung zuführen.

Was die Aufgaben von Außenministerien anbetrifft, müssten sich Berlin und Ankara dringend mal darüber unterhalten, was das türkische Außenministerium unter "türkischer Moschee" versteht, denn die Religionsfreiheit hat Menschenrecht zu sein und sollte sich nicht nationalistisch verklären.

Desweiteren ist Klärungsbedarf, was Erdogan unter "Terrorismus" versteht, denn wenn hierzulande meine kurdischen Mitbürger gegen Erdogans Überfall auf Afrin protestieren, dann mag ich es nicht, wenn sie pauschal als "Terroristen" beschimpft werden.

Dienstag, 5. September 2017

Türkei als Miltärmacht - häufig übertrieben

Dass die Türkei die zweitstärkste Personalstärke der NATO-Truppen hat, macht sie nicht zu deren "zweitstärksten Militärmacht".

Weiterer Indikator militärischer Stärke ist das Militärbudget:

1. USA 596 Mrd.US-Dollar (2015)
2. Großbritannien 65,8 Mrd.US-Dollar (2015)
3. Frankreich 38,4 Mrd.EURO (2012)
4. Deutschland 37 Mrd.EURO (2017)
5. Italien 20,3 Mrd.EURO (2014) 6. Türkei 18,5 Mrd.US-Dollar (2014)

Und solange Atomwaffen nicht verboten und abgeschafft sind, haben auch sie unverschämter Weise mit "militärischer Stärke" zu tun, jedenfalls gegenüber Atomwaffenverzichtsstaaten.

Mittwoch, 19. Juli 2017

Zur Verhaftung von Peter Steudtner in der Türkei

Proteste nutzen nichts, Empörung nutzt nichts - und Wut ist blöde.

Wenn sich die Terrorismus-Vorwürfe gegen den Inhaftierten nicht in Bälde erweisen, dann muss die Bundesregierung die internationale Gerichtsbarkeit einschalten.

Will sie das nicht, so müsste sie öffentlich erklären, dass Reisen und Unternehmungen in die Türkei ein persönliches Risiko darstellen, für das sich die Bundesregierung nicht in die Pflicht nehmen lässt.

Solche Erklärung hielte ich für legitim, denn es kann für die Bundesregierung unzumutbar sein, die Streitigkeiten auf anderen Feldern deutsch-türkischer Beziehungen auszutragen, wenngleich auch handels- und bündnispolitische Konsequenzen in Betracht zu ziehen sind.

Ob die Ankündigung ausbleibender Fürsorge verfassungskonform wäre, bedürfte eines Klärungsantrags beim Bundesverfassungsgericht.

Dienstag, 18. April 2017

Zu den Siegesfeiern der Erdogan-Anhänger

Bei vielen Facebook-Kollegen kursieren Medienberichte über Siegesfeiern von Erdogan-Anhängern in Deutschland und sorgen für Empörung bis hin zu Sprüchen wie "Geht doch in Eurer Autokratieparadies!"

Inhaltlich ist solche Aufforderung zwar nicht komplett falsch, aber politisch restlos daneben, denn gänzlich auf Linie derer, die im Nationalismus Glück ersehnen und Horden gegen Horden aufstacheln. Jedem Besäufnis folgt der Kater. - So geschehen nach jeder Revolution, nach jeder mir erinnerlichen Präsidentschaftswahl in Frankreich, USA usw.
Drum lasst sie feiern. Und den Sieg genießen. Denn weil es nicht ihr Sieg war, Dank Erdogan nun mit so vieler Welt und innenpolitisch verquer zu sein, wird noch reichlich Gelegenheit zum Bedauern bieten.

Nora meint: "Interessanter wäre es doch, einmal die Frage zu stellen, warum die meisten Türken den Lockruf des Westens nicht mehr folgen wollen."

@Nora, ich war zwar schon lange nicht mehr in der eigentlich sehr gastfreundlichen Türkei, weil in Pankow nahezu eingesperrt, aber damals schwärmten viele Türken für Deutschland, waren stolz auf Familienmitglieder, die es in Deutschland schafften.

Ich vermute,
- es wird unterschätzt, wie schlimm die NSU-Morde und auch der Prozess auf die türkische Community wirken,
- es wird unterschätzt, wie sehr deutscher Rechtspopulismus und türkischer Nationalismus einander befeuern,
- es wird unterschätzt, wie wichtig es wäre, Menschen jeglicher Herkunft im Rahmen der Möglichkeiten (zumindest in Großstädten) in ihren Muttersprachen wenigstens als Zweitsprache schulisch zu unterrichten,
- es wird unterschätzt, wie auf die Menschen in der Türkei wirkt, dass kaum ein Land der EU die Türkei in der EU sehen will,
- es wird unterschätzt, wie schwer sich auch bemühteste Kinder "mit Migrationshintergrund" in unserem Land schwer tun, gleichberechtigt ins Berufsleben oder an Wohnungen zu kommen, weil eben "Migrationshintergrund" - und keine Vokabel vermag Realität zu verändern, wenn es die Mehrheitsgesellschaft nicht will und zugleich kritisiert als "Deutschland schafft sich ab" usw.,
- es wird unterschätzt, wie sehr Muslime darunter leiden, wegen des islamistischen Terrors in Verdacht zu geraten, auch wenn Sonntagsreden anderes beschwören,
- es wird so viel mehr unterschätzt, was den Eindruck bewirkt, "Mensch 2. Klasse" zu sein, zumal der Eindruck nicht täuscht, sondern Konsequenzen anmahnt.

In fast allen, auch in mir steckt eine Menge Hordismus, so sehr ich theoretisch total auf anderem Dampfer bin, aber man kann sich üben, dass wenn es aufkocht, sofort Ruf zur Besonnenheit kommt, denn wir alle sind Menschen - mit gleichem Recht auf Freude und auch auf Anerkennung.

Etwaige "Selbstverdächtigungs-Litanei" ?
Einerseits hat die Sebstverdächtigung im Vergleich zur Fremdschuldbehauptung den erheblichen Vorteil, sich der eigenen Handlungsspielräume zu vergewissern, sofern sich der Verdacht bestätigen lässt, es also auf die andere Seite insoweit weniger ankommt.
Andererseits dürfte solche Herangehensweise an Probleme, falls überhaupt zutreffend und von Relevanz, regelmäßig bloß Einsicht ohne Praxis sein,
denn in der Praxis habe ich an so gut wie nüscht schuld :-)

Einsichten und Umsetzung klaffen bei vielen eben nicht nur beim Rauchen auseinander, sondern auch im Umgang miteinander.
Solches einzusehen = "Realismus".

Darum sage ich Frauen und Minderheiten oft, dass trotz aller Gleichberechtigung die Realität noch ein Weilchen brauchen wird, so dass es sich für Frauen und Minderheiten empfiehlt, BESSER als die Mehrheit zu sein. - Das erntet mitunter den berechtigsten Widerspruch, aber kann an Realität nicht vorbei, dass sich oft erst im BESSER-SEIN die Gleichberechtigung herstellt.

Montag, 17. April 2017

Erdogan kündigt Volksabstimmung zur Einführung der Todesstrafe an

In seiner Siegesrede kündigte Erdogan an, dass wenn sich das Parlament nicht auf die Todesstrafe einige, werde es auch dazu eine Volksabstimmung geben.