Samstag, 10. November 2007

Mustafa Kemal Atatürk

Heute ist der Todestag von Mustafa Kemal Atatürk (* 1881 in Saloniki; † 10. November 1938 in Istanbul). Er gilt als Begründer der modernen Türkei und war erster Präsident der nach dem Ersten Weltkrieg aus dem Osmanischen Reich hervorgegangenen Republik Türkei.



Persönliche Wertschätzung

Mir gilt Mustafa Kemal Atatürk als Brückenbauer zwischen Orient und Okzident und als Überwinder des Osmanismus, wenngleich nicht alles gelingen konnte und erhalten geblieben ist.
Ob Atatürk die bestmögliche Politik machte, steht stets auch in Relation dazu, was es an Alternativen gab und wie sich diese Alternativen verhielten.
Z.B. die Aufstände zugunsten von Sultanaten und Kalifaten. Das wären nicht die Alternativen, für die ich hätte streiten mögen, aber im Unterschied zu Atatürk wahrscheinlich doch eher den Kompromiss gesucht hätte, während er den radikalen Ansprüchen der Aufständischen kaum entgegenkommen mochte.
Der Personenkult um Atatürk gehört zum Leidwesen vieler Politik und wird oft missbraucht. Aber die Feindschaft gegen Atatürk verirrt sich nicht minder in die absurdesten Winkel. Insbesondere extremistische Vertreter von Minderheiten kritisieren ihn nach dem Motto, dass alles, was der Türkei schade, gut für die Minderheiten sei. So lassen sie auch an dem Modernisierer kein gutes Haar.

Glück und Unglück der Menschen hängen heute jedoch nicht davon ab, welche Erwartungen man an Atatürk stellt, denn er kann nichts mehr richtig oder falsch machen. Die Zustände hängen davon ab, was wir im Heute bewirken, ob Feindschaft oder Frieden. -msr-

ursprünglicher Text v. 200702
>> http://www.inidia.de/atatuerk.htm

Mittwoch, 4. Juli 2007

Prozess um die Ermordung von Hrant Dink eröffnet

+wikinews+ Istanbul (Türkei), 04.07.2007 – In Istanbul hat der Prozess gegen 18 Angeklagte um den Mord am türkisch-armenischen Journalisten und Publizisten Hrant Dink begonnen. Die Tat selbst soll von Ogün Samast ausgeführt worden sein. Ein Hauptverdächtiger, ein Extremist, Yasin Hayal, soll in einem am 9. Mai geschriebenen Brief an die Staatsanwaltschaft ausgesagt haben, von Polizeibeamten zu der Tat angestiftet worden zu sein. Hayal sprach von einem „inneren Staat“, der ihn kontrolliert haben soll. Dies berichtet die Tageszeitung Radikal.

Auch Anwälte berichten, dass Hayal und ein anderer Hauptverdächtiger, Erhan Tuncel, ausgesagt haben sollen, für Sicherheitskräfte (nach anderen Quellen für den Geheimdienst) gearbeitet zu haben. Tuncels Telefonverbindungen muss die Polizei an das Gericht aushändigen. Tuncel will die Namen von acht Geheimdienstmitarbeitern bekanntgeben, die er mehrfach gewarnt habe, dass ein Attentat auf Hrant Dink bevorstehe. Demokratische Kräfte befürchten seit längerem, dass Radikale in Justiz und Sicherheitsapparat eine eigene Gruppe gebildet haben. Das Gericht beschloss am Montag, auch gegen Behörden zu ermitteln, so ein Anwalt der Familie Dink. Das Verfahren wurde inzwischen unterbrochen und soll am 1. Oktober fortgesetzt werden. Ein möglicher Straftatbestand sei „Bildung einer Terrororganisation“.

Eine von Familie Dinks Anwältinnen, Fethiye Cetin, macht der Staatsanwaltschaft Vorwürfe, nicht ausreichend in alle Richtungen ermittelt zu haben. Die Ermittlungen seien auf den Ort beschränkt worden, an dem die Tat geplant wurde. Die meisten Beschuldigten lebten in der hauptsächlich von Nationalisten bewohnten Region Trabzon.

Am 19. Januar war Dink in Istanbul vor seinem Büro erschossen worden. Er geriet dadurch ins Visier der Extremisten, dass er offen über den Völkermord an den Armeniern berichtete. Nationalisten leugnen den Genozid weiterhin. Für sie stellte die Berichterstattung Dinks eine Verunglimpfung des Türkentums dar. Die Europäische Union verlangt hingegen die Abschaffung des entsprechenden Paragraphen, aufgrund dessen Dink 2005 zu einer bedingten sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Dink hatte vor mehr als zehn Jahren die Zeitung Agos gegründet. Vor seinem Tod wurde Dink täglich per E-Mail bedroht.

Bereits beim Tod Dinks wurde von den Umstehenden die Regierung als Drahtzieher verdächtigt. Eine etwa 30-köpfige Gruppe bezeichnete damals die Türkei als Mörderstaat und verlangte mehr Brüderlichkeit unter den Völkern. Nach armenischen Angaben wurden beim Völkermord an den Armeniern von 1915 bis 1917 etwa zwischen 250.000 und 500.000 Menschen getötet.

Ministerpräsident Erdoğan hatte nach der Tat versprochen, dass die Täter gefunden würden. Polizei und Justiz würden alles dazu Nötige unternehmen. Er fand die Tat abscheulich. Es kam in den Tagen nach dem Mord zu Protesten, in denen von Demonstranten unter anderem die Sätze „Es lebe die Brüderlichkeit der Völker“, „Wir alle sind Hrant, wir sind Armenier“ und „Schulter an Schulter gegen den Faschismus“ gerufen wurden. Etwa 250.000 Menschen nahmen an einem Trauermarsch in Istanbul teil.

Von den Angeklagten sollen Spuren zu weiteren politischen Morden führen. Darunter soll auch der Mord an drei Mitarbeitern eines Bibelverlages im Mai und an einem Verwaltungsrichter vor etwa einem Jahr sein. Viele weitere problematische politische Prozesse, etwa das Verfahren gegen Orhan Pamuk, sollen ebenfalls nur auf Rechtsanwalt Kemal Kerincsiz zurückführen, der Kontakt zu den Angeklagten haben soll.

Der deutsche Politiker türkischer Herkunft und Europa-Abgeordnete Cem Özdemir von den Grünen nannte den Prozess eine Möglichkeit zum Neuanfang. Er sei „die Chance, sich an Haupt und Gliedern von dem Krebsgeschwür des Ultranationalismus zu befreien“. Özdemir sprach von „radikal-nationalistischen Parallelstrukturen“, denen die Hintermänner angehört hätten. Das Ziel sei es gewesen, eine multireligiöse Türkei und eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte zu verhindern. Als Tatmotiv sei ein Artikel anzusehen, der von Dink kurz vor seinem Tod verfasst wurde und in dem behauptet wurde, dass die Adoptivtochter von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk armenischer Herkunft gewesen sei. Dies stelle eine schwere Beleidigung für die Nationalisten dar.

Sonntag, 21. Januar 2007

Mutmaßlicher Mörder des türkischen Journalisten Dink gefasst

+wikinews+ Istanbul (Türkei), 21.01.2007 – Der mutmaßliche Mörder des armenischen Journalisten Hrant Dink ist in der Türkei gefasst worden. Es handelt sich um den 17-jährigen Ogun S. aus der nordtürkischen Stadt Trabzon. Sein Foto war von Überwachungskameras festgehalten worden. Nachdem die Bilder im Rahmen einer landesweiten Fahndung öffentlich ausgestrahlt worden waren, gab der Vater des mutmaßlichen Täters den Hinweis, der zur Ergreifung führte. Der 17-Jährige soll geständig sein. Als Tatmotiv soll der junge Mann angegeben haben, dass Dink das türkische Volk beleidigt habe.

Armenischer Journalist wurde in Istanbul ermordet

+wikinews+ Istanbul (Türkei), 21.01.2007 – Der armenisch-türkische Journalist Hrant Dink wurde am Freitag, den 19. Januar 2007 gegen 15:00 Uhr lokaler Zeit in Istanbul ermordet. Der Journalist und Herausgeber der armenischen Wochenzeitung „Agos“ wurde vor dem Hauptgebäude der Zeitung auf offener Straße niedergeschossen. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan sagte dazu: „Die Kugeln, die auf Hrant Dink gerichtet waren, wurden auf uns alle geschossen.“ Dink schrieb über die Armenier- und Minderheitenpolitik in der Türkei und kommentierte sie öffentlich.

Am Abend versammelten sich 5.000 Menschen auf dem Taksim-Platz in Istanbul im Gedenken an Hrant Dink.